Tina
Kleine Münsterländer-Hündin
Tina war eine zierliche Hündin mit einer sehr traurigen Geschichte. Ich entdeckte sie in einem 1 x 1 m Verschlag mit einer Ritze als Fenster und ihren eigenen Exkrementen als Fußboden. Eigentlich sah ich nicht sie, sondern nur ihre kleine Nasenspitze, die sie durch die Ritze schob. Als ich den Besitzer fragte, was er für Tina haben wolle (seine Antwort war: "Was kostet denn eine Patrone?") wusste ich noch nicht, dass es sich bei Tina um einen kleinen Münsterländer handelt. Sie war einfach nur Braun von ihren Exkrementen und ihr Fell war überall verfilzt.
Ich nahm sie mit und musste sie daheim zuerst kahl scheren und dann dreimal gründlich baden, um den Gestank von ihr los zu werden.
Sie war gänzlich abgemagert, ich fütterte sie mit Brei, da sie feste Nahrung nicht bei sich behielt.
Nach einer Woche musste ich sie in einer Notoperation kastrieren lassen, da die gesamte Gebärmutter mit Eiter gefüllt war und zu platzen drohte.
Tina hatte aber einen unbändigen Lebenswillen und erholte sich schnell. Wie ich später erst erfuhr, war Tina schon zehn Jahre alt.
Sie war eine ganz tolle Hündin, die sich von Tag zu Tag immer mehr erholte und auch ihre seelischen Schäden heilten weitestgehend.
Nur eines konnte sie nie vergessen. Von Nachbarn des vorherigen Besitzer erfuhr ich, dass dieser Tina immer wieder zusammen geschlagen hatte. So war es nicht verwunderlich, dass sie sich immer wieder schreiend hinter mich rettete, wenn sie ihn sah, und sich dabei klein wie eine Maus machte.
Tina starb im Alter von fünfzehn Jahren. Ich habe mit der Aufnahme von Tina die Welt, wie sie ist, nicht verändert, aber ich habe Tinas Welt verändert und darauf blicke ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück.